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Warum Aufwärmen vor dem Training wichtig ist

17. Juli 2025

  • Ein gezieltes Aufwärmen bereitet den gesamten Organismus – Körper und Geist – auf die bevorstehende sportliche Belastung vor.
  • Es steigert die Körperkerntemperatur, was die Muskeln und Sehnen elastischer macht und Stoffwechselprozesse beschleunigt.
  • Die Durchblutung der Muskulatur wird erhöht, wodurch mehr Sauerstoff und Nährstoffe zu den arbeitenden Zellen transportiert werden.
  • Ein korrekt durchgeführtes Warm-up kann das Risiko für Muskel-, Sehnen- und Gelenkverletzungen nachweislich reduzieren.
  • Durch die Aktivierung des Nervensystems verbessert sich die Koordination und die Ansteuerung der Muskeln, was direkt zu einer besseren Leistung führt.

Die Wissenschaft hinter dem Warm-up: Was passiert im Körper?

Ein Aufwärmprogramm ist weit mehr als nur eine Routine. Es ist ein gezielter Prozess, der im Körper eine Kaskade an physiologischen Anpassungen auslöst. Diese Reaktionen bereiten den Organismus optimal auf die nachfolgende, intensivere Belastung vor und sind der Schlüssel zu einem sicheren und effektiven Training. Das Verständnis dieser Vorgänge zeigt, warum das Aufwärmen unverzichtbar ist.

Erhöhung der Körpertemperatur

Die offensichtlichste Veränderung ist die Erhöhung der Körper- und Muskeltemperatur. Durch leichte, kontinuierliche Bewegung entsteht Reibung in den Muskelfasern, die Wärme erzeugt. Diese Erwärmung hat entscheidende Vorteile: Die viskoelastischen Eigenschaften von Muskeln, Sehnen und Bändern verbessern sich. Man kann sie sich wie ein Gummiband vorstellen: Ist es kalt, ist es spröde und reisst leicht. Ist es warm, wird es dehnbar und belastbar. Gleichzeitig arbeiten die für die Energiebereitstellung zuständigen Enzyme bei einer leicht erhöhten Temperatur deutlich effizienter. Stoffwechselprozesse, die Energie (ATP) für die Muskelkontraktion liefern, laufen schneller und reibungsloser ab.

Verbesserung der Durchblutung und Sauerstoffversorgung

Während des Aufwärmens weiten sich die Blutgefässe in der Muskulatur (Vasodilatation). Dieses Phänomen sorgt dafür, dass mehr Blut zu den arbeitenden Muskeln gepumpt wird. Mit dem Blut gelangen lebenswichtiger Sauerstoff und Nährstoffe dorthin, wo sie gebraucht werden. Eine gut durchblutete Muskulatur ist leistungsfähiger und ermüdet langsamer. Zudem wird der Abtransport von Stoffwechselabfallprodukten wie Laktat verbessert. Auf zellulärer Ebene erleichtert die höhere Temperatur die Abgabe von Sauerstoff vom Hämoglobin (dem Sauerstofftransporter im Blut) an die Muskelzellen – ein Prozess, der als Bohr-Effekt bekannt ist.

Aktivierung des Nervensystems

Sport ist nicht nur Muskelarbeit, sondern auch Kopfsache. Das Aufwärmen weckt das zentrale Nervensystem auf und verbessert die Kommunikation zwischen Gehirn und Muskulatur. Die Leitgeschwindigkeit der Nervenimpulse erhöht sich, was zu schnelleren Reaktionen und präziseren, effizienteren Muskelkontraktionen führt. Diese neuromuskuläre Aktivierung ist entscheidend für die Koordination, das Gleichgewicht und die saubere Ausführung von komplexen Bewegungsabläufen. Man „ölt“ quasi die Signalwege und bereitet sie auf die anspruchsvollen Aufgaben des eigentlichen Trainings vor.

Verletzungsprävention: Der wichtigste Grund für das Aufwärmen

Der wohl bekannteste und wichtigste Nutzen eines guten Warm-ups ist die signifikante Reduzierung des Verletzungsrisikos. Ein Kaltstart ist eine der häufigsten Ursachen für akute Sportverletzungen, die oft wochenlange Pausen nach sich ziehen. Wer sich die Zeit für eine gründliche Vorbereitung nimmt, investiert direkt in die eigene Gesundheit und langfristige Trainingsfähigkeit.

Weniger Muskelzerrungen und Faserrisse

Die typischsten Verletzungen bei unvorbereiteten Muskeln sind Zerrungen, Muskelfaserrisse oder sogar Muskelbündelrisse. Ein kalter, steifer Muskel ist nicht in der Lage, plötzliche, explosive Belastungen oder schnelle Dehnungen abzufangen. Durch das Aufwärmen steigt die Temperatur im Muskelgewebe, was dessen Elastizität und Nachgiebigkeit deutlich erhöht. Ein warmer Muskel kann sich weiter dehnen und stärker kontrahieren, bevor er an seine Belastungsgrenze stösst. Die verbesserte Durchblutung stellt zudem sicher, dass der Muskel optimal mit Energie versorgt ist und nicht vorzeitig ermüdet, was ebenfalls das Verletzungsrisiko senkt.

Schutz für Gelenke, Bänder und Sehnen

Nicht nur die Muskeln profitieren. Auch die Gelenke werden durch das Aufwärmen auf die Belastung vorbereitet. Die Bewegung regt die Produktion von Synovialflüssigkeit an, der sogenannten „Gelenkschmiere“. Diese zähe Flüssigkeit verteilt sich im Gelenkspalt, reduziert die Reibung zwischen den Knorpelflächen und wirkt wie ein Stossdämpfer. Ein gut „geschmiertes“ Gelenk ist widerstandsfähiger gegen Verschleiss und Verletzungen. Gleichzeitig werden auch Bänder und Sehnen, die die Gelenke stabilisieren, durch die erhöhte Temperatur und Durchblutung flexibler und können Zugkräfte besser aufnehmen, ohne zu Schaden zu kommen.

Zahlreiche sportmedizinische Studien belegen diesen Zusammenhang eindeutig. Besonders in Sportarten mit schnellen Richtungswechseln, Sprints und Sprüngen (z.B. Fussball, Basketball, Leichtathletik) konnte gezeigt werden, dass strukturierte Aufwärmprogramme die Verletzungsrate, insbesondere von Bänder- und Muskelverletzungen, drastisch senken können.

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Mehr Leistung im Training und Wettkampf

Ein Aufwärmprogramm dient nicht nur der Sicherheit, sondern ist auch ein direkter Leistungsbooster. Wer aufgewärmt ins Training oder in den Wettkampf startet, kann sein volles Potenzial von der ersten Minute an abrufen. Die physiologischen Anpassungen, die während des Warm-ups stattfinden, führen zu einer messbaren Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit in verschiedenen Bereichen.

Gesteigerte Kraft und Schnelligkeit

Die Performance der Muskulatur ist stark temperaturabhängig. Ein warmer Muskel kontrahiert nicht nur sicherer, sondern auch kraftvoller und schneller. Die erhöhte Geschwindigkeit der Stoffwechselprozesse sorgt für eine schnellere Energiebereitstellung (ATP-Spaltung), was die Grundlage für jede Muskelbewegung ist. Gleichzeitig verbessert die Aktivierung des Nervensystems die sogenannte Rekrutierung motorischer Einheiten. Das bedeutet, das Gehirn kann mehr Muskelfasern gleichzeitig ansteuern, was zu einer höheren Maximalkraft führt. Für Sportarten, die Explosivkraft erfordern – wie Sprinten, Springen oder Gewichtheben – ist dieser Effekt von entscheidender Bedeutung.

Optimierte Energiebereitstellung

Der Körper verfügt über verschiedene Systeme zur Energieproduktion. Das Aufwärmen „fährt diese Systeme hoch“ und macht sie für die anstehende Belastung verfügbar. Die erhöhte Sauerstoffaufnahme und der verbesserte Transport zu den Muskeln sorgen dafür, dass die aerobe Energiebereitstellung (mit Sauerstoff) effizienter abläuft. Das schont die wertvollen und begrenzten anaeroben Energiereserven (ohne Sauerstoff), die für hochintensive Spitzenbelastungen benötigt werden. Ein aufgewärmter Körper kann Sauerstoff effektiver nutzen, was die Ausdauerleistungsfähigkeit verbessert und die Ermüdung hinauszögert.

Bessere Koordination und Technik

Jede sportliche Bewegung, sei es der perfekte Wurf beim Basketball oder die saubere Technik beim Kniebeugen, erfordert ein hohes Mass an Koordination. Das Aufwärmen schärft die Propriozeption – die Wahrnehmung des eigenen Körpers im Raum. Die Rezeptoren in Muskeln, Sehnen und Gelenken werden sensibilisiert und liefern präzisere Informationen an das Gehirn. Dies führt zu flüssigeren und genaueren Bewegungsabläufen. Eine saubere Technik ist nicht nur effizienter und leistungssteigernder, sondern minimiert auch den Verschleiss und das Risiko von Überlastungsschäden.

Mentale Vorbereitung: Der Kopf trainiert mit

Die Bedeutung des Aufwärmens geht über rein körperliche Aspekte hinaus. Es ist eine entscheidende Phase der mentalen Einstimmung, die oft unterschätzt wird. Ein strukturierter Start ins Training hilft dabei, den Kopf freizubekommen und den Fokus vollständig auf die bevorstehende sportliche Herausforderung zu lenken. Dieser mentale Übergang ist für eine qualitativ hochwertige Trainingseinheit genauso wichtig wie die physische Vorbereitung.

Fokus und Konzentration

Das Aufwärmen fungiert als eine Art Ritual, das eine klare Grenze zwischen dem Alltag und dem Sport zieht. Die Sorgen des Jobs oder die private To-do-Liste treten in den Hintergrund. Während der leichten, repetitiven Bewegungen hat der Geist die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen und sich zu sammeln. Man richtet seine Aufmerksamkeit bewusst auf den eigenen Körper, spürt in die Muskeln hinein und bereitet sich mental auf die Anstrengung vor. Diese bewusste Fokussierung hilft, während des Trainings präsenter zu sein, die Übungen konzentrierter auszuführen und Ablenkungen auszublenden.

Abbau von Nervosität und Anspannung

Insbesondere vor Wettkämpfen oder wichtigen Trainingseinheiten ist Nervosität ein häufiger Begleiter. Eine feste Aufwärmroutine kann hier wahre Wunder wirken. Sie gibt Struktur und Sicherheit in einer potenziell stressigen Situation. Das Abarbeiten eines bekannten Programms vermittelt ein Gefühl von Kontrolle und lenkt von negativen Gedanken oder Leistungsdruck ab. Die moderate körperliche Aktivität hilft zudem, Stresshormone wie Cortisol abzubauen und durch die Ausschüttung von Endorphinen für eine positive Grundstimmung zu sorgen. Die Anspannung weicht einer fokussierten Vorfreude.

Visualisierung und Bewegungsantizipation

Die Phase des spezifischen Aufwärmens ist der ideale Zeitpunkt für mentales Training. Während man die Bewegungen der Zielsportart in abgeschwächter Form durchführt (z.B. leichte Kniebeugen vor dem schweren Satz), kann man sich die perfekte Ausführung im Kopf vorstellen. Diese Technik, auch motorische Vorstellung genannt, aktiviert ähnliche neuronale Bahnen wie die tatsächliche Bewegung. Man kann sich den Ablauf, das Gefühl und den Erfolg einer Übung oder eines Spielzugs vergegenwärtigen. Diese mentale Generalprobe verbessert die Bewegungsausführung und stärkt das Selbstvertrauen für die anstehende Aufgabe.

Der perfekte Aufbau: Die Phasen eines effektiven Warm-ups

Ein wirksames Warm-up ist kein zufälliges Herumhampeln, sondern folgt einer logischen Struktur. Es sollte den Körper schrittweise von einem Zustand der Ruhe zu voller Leistungsbereitschaft führen. Ein bewährtes Modell unterteilt das Aufwärmen in drei Phasen, die fliessend ineinander übergehen. Die Gesamtdauer liegt idealerweise zwischen 10 und 20 Minuten, abhängig von der geplanten Intensität des Trainings und der individuellen Konstitution.

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Phase 1: Allgemeines Aufwärmen (5-10 Minuten)

Das Ziel dieser ersten Phase ist es, das Herz-Kreislauf-System in Schwung zu bringen und die Körperkerntemperatur zu erhöhen. Die Bewegungen sollten grossräumig und von geringer Intensität sein. Man sollte ins leichte Schwitzen kommen, aber nicht ausser Atem geraten. Klassische Übungen für diese Phase sind:

  • Lockeres Laufen oder Traben auf der Stelle
  • Seilspringen (Jumping Jacks)
  • Fahrrad-Ergometer oder Crosstrainer bei niedrigem Widerstand
  • Rudern am Rudergerät

Diese Phase bereitet den gesamten Körper auf die nachfolgende, spezifischere Arbeit vor.

Phase 2: Spezifisches Aufwärmen und dynamisches Dehnen (5-10 Minuten)

Nun geht es darum, die Muskeln und Gelenke zu mobilisieren, die im Hauptteil des Trainings besonders beansprucht werden. Hier kommt das dynamische Dehnen ins Spiel. Im Gegensatz zum statischen Halten einer Dehnposition wird hierbei durch fliessende Bewegungen der Bewegungsumfang eines Gelenks aktiv erweitert. Beispiele sind Armkreisen, Beinpendel, Rumpfdrehungen oder Ausfallschritte mit Rotation. Diese Art der Mobilisation verbessert die Beweglichkeit, ohne die Muskelspannung zu reduzieren. Die Übungen sollten bereits den Bewegungen der Zielsportart ähneln, z.B. Kniebeugen mit dem eigenen Körpergewicht vor dem Krafttraining oder das Lauf-ABC für Läufer.

Phase 3: Sportartspezifische Aktivierung (2-5 Minuten)

In der letzten, kurzen Phase wird die Intensität leicht gesteigert, um das Nervensystem und die spezifischen Muskelketten final zu aktivieren. Die Bewegungen sollten nun denen des Hauptteils sehr nahekommen, aber noch mit reduzierter Last oder Geschwindigkeit ausgeführt werden.

  • Für Kraftsportler: Ein bis zwei Aufwärmsätze der ersten Grundübung nur mit der leeren Stange oder sehr leichtem Gewicht.
  • Für Läufer: Einige kurze Steigerungsläufe über 50-80 Meter, bei denen das Tempo langsam bis zum Zielsprinttempo gesteigert wird.
  • Für Ballsportler: Kurze, intensive Pass- und Dribbelübungen oder leichte Sprünge.

Nach dieser Phase ist der Körper optimal vorbereitet und man kann nahtlos in das eigentliche Training übergehen.

Die häufigsten Fehler beim Aufwärmen – und wie man sie vermeidet

Trotz des Wissens um seine Wichtigkeit wird das Aufwärmen im Trainingsalltag oft vernachlässigt oder falsch durchgeführt. Bestimmte Fehler können die positiven Effekte zunichtemachen oder im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv wirken. Wer diese typischen Fallstricke kennt, kann sie gezielt umgehen und die Qualität seines Trainings massgeblich verbessern.

Fehler 1: Das Warm-up komplett auslassen

Der häufigste Fehler ist gleichzeitig der gravierendste: das ersatzlose Streichen des Aufwärmens. Das Argument lautet meist „keine Zeit“. Doch diese Rechnung geht nicht auf. Wer auf 10-15 Minuten Vorbereitung verzichtet, riskiert eine Verletzung, die eine wochen- oder monatelange Zwangspause bedeuten kann. Das Aufwärmen ist keine verlorene Zeit, sondern eine essenzielle Investition in die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Man sollte es als festen und unverhandelbaren Bestandteil jeder Trainingseinheit betrachten. Lieber das eigentliche Training um eine Übung verkürzen, als auf das Warm-up zu verzichten.

Fehler 2: Statisches Dehnen vor dem Sport

Dies ist ein weit verbreiteter Irrglaube, der sich hartnäckig hält. Langes, statisches Dehnen (das Halten einer Dehnposition für 20-30 Sekunden) direkt vor einer intensiven Belastung ist nicht nur wirkungslos, sondern kann die Leistung sogar mindern. Studien haben gezeigt, dass statisches Dehnen den Muskeltonus (die Grundspannung) herabsetzt und die Maximalkraft und Schnellkraft reduzieren kann. Der Muskel wird „schlaff“ gemacht, obwohl er für die Leistungserbringung Spannung benötigt. Zudem kann die Schmerztoleranz in der gedehnten Position erhöht werden, was dazu verleiten kann, im Training über die gesunden Grenzen hinauszugehen. Merke: Dynamisches Dehnen (siehe oben) gehört ins Warm-up, statisches Dehnen zur Verbesserung der Beweglichkeit gehört in den Cool-down oder in eine separate Einheit.

Fehler 3: Zu kurz oder zu intensiv

Das richtige Mass ist entscheidend. Ein Aufwärmen von nur zwei bis drei Minuten ist in der Regel zu kurz, um die notwendigen physiologischen Anpassungen wie die Erhöhung der Körpertemperatur und die Aktivierung des Nervensystems herbeizuführen. Umgekehrt kann ein zu langes oder zu intensives Warm-up die Energiereserven bereits vor dem eigentlichen Training erschöpfen. Man sollte sich nach dem Aufwärmen angenehm erwärmt, locker und energiegeladen fühlen, aber nicht müde oder erschöpft. Eine gute Faustregel ist, ins leichte Schwitzen zu kommen, ohne dass die Atmung stark beschleunigt ist.

Aufwärm-Mythen im Faktencheck

Rund um das Thema Aufwärmen kursieren zahlreiche Mythen und Halbwahrheiten. Diese können zu fehlerhaften Routinen führen und die Vorteile eines korrekten Warm-ups untergraben. Es ist an der Zeit, die gängigsten Mythen mit wissenschaftlichen Fakten zu konfrontieren und für Klarheit zu sorgen.

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Mythos 1: „Bei warmem Wetter brauche ich kein Warm-up.“

Dieser Gedanke ist naheliegend, aber falsch. Eine hohe Aussentemperatur erwärmt zwar die Haut, nicht aber die tieferliegende Muskulatur, die Gelenke und das Nervensystem in der erforderlichen Weise. Das Ziel des Aufwärmens ist nicht nur die Erhöhung der Körperkerntemperatur, sondern vor allem die spezifische Vorbereitung des Körpers auf die bevorstehenden Bewegungen. Dazu gehören die Aktivierung der korrekten Muskelketten, die Verbesserung der neuromuskulären Koordination und die Schmierung der Gelenke durch Bewegung. Diese Prozesse finden unabhängig von der Aussentemperatur statt. Bei Hitze sollte das Warm-up eventuell etwas kürzer, aber keinesfalls weniger spezifisch ausfallen.

Mythos 2: „Ein paar Dehnübungen reichen doch aus.“

Dieser Mythos basiert auf der veralteten Annahme, dass Dehnen das Wichtigste am Aufwärmen sei. Wie bereits erläutert, ist intensives statisches Dehnen vor dem Sport sogar kontraproduktiv. Ein effektives Warm-up ist ein mehrstufiger Prozess, der weit über einfaches Stretching hinausgeht. Es beginnt mit einer allgemeinen Herz-Kreislauf-Aktivierung, geht über in eine dynamische Mobilisierung der Gelenke und endet mit einer sportartspezifischen Aktivierung der Nerven- und Muskelbahnen. Dehnen allein kann diese komplexen Aufgaben nicht erfüllen und stellt daher kein adäquates Aufwärmprogramm dar.

Mythos 3: „Ich bin jung und fit, ich verletze mich nicht so leicht.“

Jugend und ein guter Trainingszustand schützen nicht vor den physikalischen Gesetzen, die auf den Körper wirken. Ein Kaltstart erhöht das Verletzungsrisiko für jeden, unabhängig von Alter oder Fitnesslevel. Tatsächlich ist das Aufwärmen für fitte und ambitionierte Sportler möglicherweise sogar noch wichtiger. Wer an seine Leistungsgrenzen geht und den Körper maximal fordert, setzt Muskeln, Sehnen und Bänder auch einem maximalen Stress aus. Nur ein optimal vorbereiteter Organismus kann diese hohen Belastungen sicher und wiederholt tolerieren. Top-Athleten in allen Disziplinen widmen ihrem Aufwärmprogramm aus gutem Grund einen erheblichen Teil ihrer Trainingszeit.

Praxisbeispiele: So wärmst du dich richtig auf

Die Theorie ist wichtig, doch die Praxis entscheidet. Ein gutes Aufwärmprogramm ist immer spezifisch auf die nachfolgende Belastung zugeschnitten. Ein Läufer muss sich anders aufwärmen als ein Gewichtheber. Die folgende Tabelle und die anschliessenden Erklärungen bieten konkrete, anpassbare Beispiele für verschiedene Sportarten, die dem bewährten Drei-Phasen-Modell folgen.

Sportart Phase 1: Allgemein (ca. 5 Min.) Phase 2: Spezifisch/Dynamisch (ca. 5-7 Min.) Phase 3: Aktivierung (ca. 2-3 Min.)
Krafttraining (Ganzkörper) 5 Min. Ruderergometer oder Seilspringen Armkreisen, Beinpendel, Ausfallschritte mit Rotation, Körpergewichts-Kniebeugen, Katze-Kuh 1-2 leichte Sätze der ersten Übung (z.B. Kniebeugen) mit leerer Hantelstange
Laufen / Joggen 5-10 Min. sehr lockeres Einlaufen (langsamer als das Zieldauertempo) Lauf-ABC (Anfersen, Kniehebelauf, Skippings), Beinpendel vorwärts/seitwärts, Fussgelenkskreisen 2-3 Steigerungsläufe über ca. 80 Meter, das Tempo langsam bis zum Sprint steigern
Ballsport (z.B. Fussball) Lockeres Traben über das Feld, eventuell mit leichten Ballkontakten Hüftkreisen, Ausfallschritte in alle Richtungen, leichte Sprünge, dynamische Dehnung der Adduktoren Kurze, intensive Passübungen mit Richtungswechseln, Antritte auf den ersten Metern

Beispielplan für das Krafttraining

Beginne auf dem Rudergerät, da es den ganzen Körper aktiviert. Nach fünf Minuten fühlst du dich wärmer. Gehe dann zu den dynamischen Übungen über. Mache 10-15 Wiederholungen pro Seite bei Armkreisen und Beinpendeln, um die Schulter- und Hüftgelenke zu mobilisieren. Führe 10 tiefe Körpergewichts-Kniebeugen aus, um das Bewegungsmuster für das spätere Training vorzubereiten. Die Katze-Kuh-Übung mobilisiert die Wirbelsäule. Zum Abschluss nimmst du eine leere Hantelstange und machst zwei Sätze mit 8-10 Wiederholungen der ersten Übung deines Plans, zum Beispiel Kniebeugen oder Bankdrücken. Achte auf eine saubere, kontrollierte Technik.

Beispielplan für das Laufen

Starte mit einem sehr langsamen Trab, bei dem du dich noch mühelos unterhalten könntest. Nach etwa 5-10 Minuten, wenn du warm bist, beginnst du mit dem Lauf-ABC. Führe jede Übung (Anfersen, Kniehebelauf etc.) über eine Strecke von 20-30 Metern aus und wiederhole sie zweimal. Anschliessend machst du pro Bein 10-12 Beinpendel nach vorne/hinten und zur Seite, um die Hüfte zu lockern. Der finale Schritt sind die Steigerungsläufe: Beginne im Trab und beschleunige über 80 Meter kontinuierlich, bis du fast im Vollsprint bist. Gehe die Strecke locker zurück und wiederhole dies 2-3 Mal. Nun ist dein Körper bereit für dein eigentliches Lauftraining.

kathi dreimuth

Die Autorin
Kathi ist unsere sportliche Allrounderin mit einem besonderen Faible für gesunde Ernährung und Bewegung. Wenn sie nicht gerade neue Rezepte ausprobiert oder auf dem Volleyballplatz steht, ist sie mit ihrem Labrador in der Natur unterwegs.